Von Avignon nach
Aigues-Mortes. Heute Vormittag ging
es mit dem Zug von Avignon nach Aigues-Mortes. Wir lassen die Brücke
hinter uns und mit ihr hoffentlich auch den Ohrwurm. Auf den Schienen
geht es nun Richtung Mittelmeer. Denn Aigues-Mortes lag einmal am
Mittelmeer. Zunächst entwickelte es sich gut als mittelalterliche
Hafenstadt, doch dann begann das Meer sich durch die Versandung der
Lagune zurückzuziehen. Heute liegt Aigues-Mortes rund 6 km vom Meer
entfernt. Ärgerlich. Die Zugfahrt ist wieder sehr angenehm. Immer
wieder erstaunlich, wie schnell man doch mit dem Zug oder dem Auto
reisen kann. Und vor allem, wie viel schneller als zu Fuß. Wir
schauen aus dem Fenster. Die Landschaft verändert sich. Die Berge
verschwinden, es wird flacher, Palmen, Bäume, Wiesen und überall:
Pferde. Willkommen in der Camargue. In Aigues-Mortes haben wir uns
ein kleines Hotel gebucht. Schließlich wollen wir bei unserer Reise
auch mal andere Erfahrungen machen. Und außerdem gab es hier keine
Couchsurfer. Unser Hotel ist süß, es hat einen Pool. Aber irgendwie
ist es unpersönlich. Steril, anonym, touristisch. Bei der Begrüßung
bekommen wir einen Stadtplan in die Hand gedrückt, es gibt noch
einen Restaurant-Tipp. Kein Smalltalk, keine Verständigungsprobleme,
keine Diskussion, ob wir nun Englisch oder Französisch miteinander
sprechen und keine Fettnäpfchen, wie viele Küsschen man sich jetzt
gibt. Es ist etwas anderes, bei einem fremden Menschen zu Hause zu
übernachten. Nicht vergleichbar mit einem Hotel. Es ist intimer, man
lernt die Person kennen, bekommt einen Einblick in ihre Privatsphäre,
ihr Leben. Das kann aber auch zu Konflikten führen. Man muss
Rücksicht nehmen, sich arrangieren. Heute Nacht müssen wir keine
Rücksicht nehmen. Heute sind wir mal eine Nacht ganz für uns,
können ausruhen. Bekommen allerdings auch kein selbst gemachtes
Essen. Zur Feier des Tages, wir haben schon mehr als die Hälfte des
Wegs zurückgelegt, gehen wir auswärts essen. Ein 3-Gänge-Menü.
Ja, dekadent, aber um ehrlich zu sein, gab es in Aigues-Mortes auch
nichts anderes. Obwohl die Stadt so klein ist, platzt sie vor
Touristen aus allen Nähten. Ein Restaurant reiht sich an einen
Souvenir-Shop, an eine Boutique, an ein Restaurant. Ein bisschen wie
in Disneyland. Nur für Mittelalter. Ein Konsumdorf sozusagen.
Eigentlich schade, denn die mittelalterliche Stadtmauer, der Tour de
Constance und die alten Gebäude und engen Gassen im Inneren der
Stadt sind wirklich beeindruckend. Jetzt verkommen sie ein wenig zu
einer Touristenattraktion. Sind aber auch gut in Schuss, die Stadt
hat Geld. Mit einem Lavendel-Eis in der Hand erkunden wir die Stadt.
Sehen uns an, was wir alles filmen wollen. Erfühlen die Atmosphäre,
suchen Perspektiven. Wir kämpfen uns durch die Touristen raus aus
der Stadt. Und sind beeindruckt. Eine komplett erhaltene Stadtmauer.
Eine Stadt, die von außen aussieht wie eine Playmobil-Burg. Hinter
der Mauer die Salinen. Große Salzseen, am Horizont Flamingos.
Holzstege, die durch Sumpfgebiet führen. Wir sind immer noch
beeindruckt. Die Camargue zeigt sich von ihrer schönsten Seite. Bei
strahlendem Sonnenschein und merklich heißeren Temperaturen als in
den letzten Tagen. Wir versuchen diese Atmosphäre für uns
mitzunehmen. Fragen uns, welche Station uns bisher auf unserer Reise
am besten gefallen hat und kommen zu dem Schluss, dass wir uns immer
dort, wo wir gerade waren, am wohlsten gefühlt haben. Bisher läuft
also alles nach Plan.
Anne
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