Samstag, 26. September 2015

Auf den Spuren der Humpis - Tag 13


Von Avignon nach Aigues-Mortes. Heute Vormittag ging es mit dem Zug von Avignon nach Aigues-Mortes. Wir lassen die Brücke hinter uns und mit ihr hoffentlich auch den Ohrwurm. Auf den Schienen geht es nun Richtung Mittelmeer. Denn Aigues-Mortes lag einmal am Mittelmeer. Zunächst entwickelte es sich gut als mittelalterliche Hafenstadt, doch dann begann das Meer sich durch die Versandung der Lagune zurückzuziehen. Heute liegt Aigues-Mortes rund 6 km vom Meer entfernt. Ärgerlich. Die Zugfahrt ist wieder sehr angenehm. Immer wieder erstaunlich, wie schnell man doch mit dem Zug oder dem Auto reisen kann. Und vor allem, wie viel schneller als zu Fuß. Wir schauen aus dem Fenster. Die Landschaft verändert sich. Die Berge verschwinden, es wird flacher, Palmen, Bäume, Wiesen und überall: Pferde. Willkommen in der Camargue. In Aigues-Mortes haben wir uns ein kleines Hotel gebucht. Schließlich wollen wir bei unserer Reise auch mal andere Erfahrungen machen. Und außerdem gab es hier keine Couchsurfer. Unser Hotel ist süß, es hat einen Pool. Aber irgendwie ist es unpersönlich. Steril, anonym, touristisch. Bei der Begrüßung bekommen wir einen Stadtplan in die Hand gedrückt, es gibt noch einen Restaurant-Tipp. Kein Smalltalk, keine Verständigungsprobleme, keine Diskussion, ob wir nun Englisch oder Französisch miteinander sprechen und keine Fettnäpfchen, wie viele Küsschen man sich jetzt gibt. Es ist etwas anderes, bei einem fremden Menschen zu Hause zu übernachten. Nicht vergleichbar mit einem Hotel. Es ist intimer, man lernt die Person kennen, bekommt einen Einblick in ihre Privatsphäre, ihr Leben. Das kann aber auch zu Konflikten führen. Man muss Rücksicht nehmen, sich arrangieren. Heute Nacht müssen wir keine Rücksicht nehmen. Heute sind wir mal eine Nacht ganz für uns, können ausruhen. Bekommen allerdings auch kein selbst gemachtes Essen. Zur Feier des Tages, wir haben schon mehr als die Hälfte des Wegs zurückgelegt, gehen wir auswärts essen. Ein 3-Gänge-Menü. Ja, dekadent, aber um ehrlich zu sein, gab es in Aigues-Mortes auch nichts anderes. Obwohl die Stadt so klein ist, platzt sie vor Touristen aus allen Nähten. Ein Restaurant reiht sich an einen Souvenir-Shop, an eine Boutique, an ein Restaurant. Ein bisschen wie in Disneyland. Nur für Mittelalter. Ein Konsumdorf sozusagen. Eigentlich schade, denn die mittelalterliche Stadtmauer, der Tour de Constance und die alten Gebäude und engen Gassen im Inneren der Stadt sind wirklich beeindruckend. Jetzt verkommen sie ein wenig zu einer Touristenattraktion. Sind aber auch gut in Schuss, die Stadt hat Geld. Mit einem Lavendel-Eis in der Hand erkunden wir die Stadt. Sehen uns an, was wir alles filmen wollen. Erfühlen die Atmosphäre, suchen Perspektiven. Wir kämpfen uns durch die Touristen raus aus der Stadt. Und sind beeindruckt. Eine komplett erhaltene Stadtmauer. Eine Stadt, die von außen aussieht wie eine Playmobil-Burg. Hinter der Mauer die Salinen. Große Salzseen, am Horizont Flamingos. Holzstege, die durch Sumpfgebiet führen. Wir sind immer noch beeindruckt. Die Camargue zeigt sich von ihrer schönsten Seite. Bei strahlendem Sonnenschein und merklich heißeren Temperaturen als in den letzten Tagen. Wir versuchen diese Atmosphäre für uns mitzunehmen. Fragen uns, welche Station uns bisher auf unserer Reise am besten gefallen hat und kommen zu dem Schluss, dass wir uns immer dort, wo wir gerade waren, am wohlsten gefühlt haben. Bisher läuft also alles nach Plan.

Anne

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