Samstag, 19. September 2015

Auf den Spuren der Humpis - Tag 6

Von Bern nach Genf. Per Anhalter. Wir sind ja nicht ohne Grund auf den Straßen unterwegs. Schließlich verlaufen viele unserer heutigen Autobahnen direkt neben römischen Straßen. Der kürzeste Weg, damals und heute. Handelswege. Immer noch genutzt. Auch wenn in der Schweiz deutlich weniger LKW's unterwegs sind, als in Deutschland, wie wir finden. Unsere heutige Tramping-Erfahrung war langwierig und erschöpfend. Erst kamen wir aus Bern nicht richtig weg, mussten uns ein Schild für die nächste Autobahn-Raststätte basteln. Da strandeten wir dann für mehrere Stunden. Den Plan, heute noch Genf zu erkunden, hatte ich da schon beerdigt. Und wie immer im Leben, wenn man denkt, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her. Drei junge Schweizer nehmen uns mit bis an den Genfer See. Einer davon ist ganz ohne Geld von Schaffhausen nach Hamburg gereist. Eine tolle Erfahrung, nach dem zu urteilen, was er so erzählt. Leider dauert die Autofahrt viel zu kurz. Uns fällt auf, dass auch wir bisher mit extrem wenig Geld ausgekommen sind. Vor allem in der Schweiz. Auch für die letzten paar Kilometer finden wir zwei junge französischsprachige Schweizer, die uns mitnehmen. Sie sind nicht so gesprächig, wir sprechen die ganze Fahrt über kaum ein Wort. Einiges hat sich verändert auf der kurzen Strecke von Bern nach Genf. Plötzlich sprechen alle Französisch. Und alles sieht französisch aus. Alle Schilder sind auf französisch. Genf ist groß, die Gebäude wuchtig, die Stadt überlaufen, versnobt. Wir haben sie Kommerz-Stadt getauft. Überall Geschäfte. Louboutin, Cartier, Tiffany's. Die Menschen schick angezogen, international. Schon im Mittelalter war Genf mit seinen regelmäßig stattfindenden Messen von Bedeutung. Italiener, Franzosen, Ravensburger kamen hierher um zu kaufen und zu verkaufen. Vielleicht ist das geblieben. Wir wissen es nicht genau. Aber es ist anstrengend. Die vielen Menschen, die Reklame, die Geschäfte. Die wirkliche Seele der Stadt können wir nicht greifen, sie liegt unter dem Konsum verborgen. Einen Eindruck von der Architektur der Stadt können wir nicht in Worte fassen. Aber die „vielle ville“ ist schön, die Altstadt. Kleine Gassen, nicht so viele Menschen. Die Cathedrale Saint-Pierre. Das Maison Tavel, das älteste Gebäude Genfs, aus dem 14. Jahrhundert. All das dokumentieren wir. Wir bekommen zwar keinen richtigen Eindruck, welches Genf die Humpis damals erlebt haben, aber wir besuchen die Gebäude, die auch zu ihrer Zeit schon standen. Wobei das in Genf wirklich nur sehr wenige sind. Die Lagerhallen am Place du Molard, wo die Messen einst stattgefunden haben, stehen nicht mehr. Den Platz gibt es noch. Genf und Lyon waren vor allem durch ihre Messen für die Handelsgesellschaft von Bedeutung. Außerdem lagen Sie ungefähr in der Mitte der Handelsachse Ravensburg - Barcelona - Saragossa, Valencia. Genf liegt strategisch günstig am Ausgangspunkt der großen Nord-Süd-Verbindung durch das Rhônetal auf einem Hügel nahe einer Brücke über die Rhône, die hier den Genfer See verläßt. Seit der Antike ermöglichte der Hafen die Umladung der Güter vom Wasser- auf den Landweg, was wegen der Geländeverhältnisse auch notwendig war. Morgen gehen wir noch zum Place du Bourg-de-Four, hier wurden schon im Mittelalter Märkte abgehalten. Ansonsten finden wir keine Spuren der Humpis, auch wenn wir wissen, dass sie in Genf sogar ein Gelieger hatten. Naja, es kann nicht immer funktionieren.

Anne

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